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Argumente gegen Studiengebühren

Einleitung

Von Robert Hartmann und Thomas Wollenhaupt (AStA der Bert-Brecht-Uni Augsburg)


Ende 1994 wurden vor allem von vereinzelten bayrischen und baden-württembergischen Hochschulrekoren die Forderung nach Einführung von Studiengebühren laut. Aufsehen erregten sie mit einem Papier, das Anfang November 1994 bekannt wurde. Der Tenor: Es gibt gute Gründe gegen aber auch für Studiengebühren, und wenn sie eingeführt werden sollten, dann müssen die Einnahmen vollständig den Universitäten zufließen.

Die bayerischen und baden-württembergischen HochschulrektorInnen haben Studiengebühren nicht abgelehnt, sondern vielmehr einen Beschluß über ihre Verwendung getroffen. Wenn man aber beschließen läßt, wie etwas verwendet werden soll, muß es vorher erstmal eingeführt werden.

Ziel dieses Papiers ist es unter anderem, die Hochschulrektorenkonferenz zu einer positiven Stellungnahme für Studiengebühren zu bewegen. Deren voraussichtlich entscheidende Sitzung steht nun an.

An einigen bayerischen Hochschulen lief bereits 1994 eine Postkarten-Protestaktion, bei der an 4 Hochschulen in drei Tagen mehr als 5000 Postkarten unterschrieben wurden. Diese Postkarten wurden in einem persönlichen Gespräch Herrn Erichsen, den Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, übergeben mit der Aufforderung, die HRK möge eine eindeutige Stellungnahme gegen Studiengebühren abgeben.

Hoffnung geben dem AStA der Uni Augsburg Worte des bayerischen Kultusministers Zehetmairs. Er verweist in Anbetracht seiner drei Kinder und seiner eigenen Erfahrungen als Student darauf, daß er gegen Studiengebühren votiert. Allerdings - und hier befindet sich der große Haken - kann er natürlich nichts gegen die Einführung von Studiengebühren unternehmen, wenn diese bundesweit eingeführt werden. Selbstverständlich ist der bayerische Kultusminister auch machtlos, wenn die bayerische Gesetzgeberin - sprich die CSU - Studiengebühren beschließen sollte, so wie sie erst im letzten Jahr Studiengebühren für Gasthörer und Gasthörerinnen eingeführt hat. Diese beurteilt selbst das Kultusministerium für bürokratisch aufwendig und als finanziell nutzlos - also als blödsinnig. Aber - so O-Ton Zehetmair bei einem Gespräch mit allen bayerischen Studierendenvertretungen auf Nachfrage des AStAs Augsburg - "die politische Stimmung in Bayern ist halt zur Zeit so und darauf muß man Rücksicht nehmen." Wir kennen die Brandstifter, die diese "politische Stimmung" erzeugt haben: Das Kultusministerium hat oft genug auf die "zuvielen nicht geeigneten Studenten" aufmerksam gemacht.

Auch von den KultusministerInnen der anderen Länder hört man in letzter Zeit wieder moderatere Töne. Studiengebühren werden abgelehnt. Trotzdem schweben immer noch die "Studiengebühren für (sogenannte) Langzeitstudierende" im Raum, die u.a. 1992 in einem gemeinsamen Papier aller Finanz- und Kultusminister auftauchen.

Das Ende vom Lied lautet: Niemand in der Exekutive fordert Studiengebühren, doch keiner will sie verhindern. An den Pranger stellt sich niemand freiwillig, jedoch ist das bundesdeutsche hochschulpolitische Entscheidungssystem raffiniert genug, um alle Entscheidungsträger als nicht verantwortlich für die jeweiligen Entscheidungen hinzustellen. "Ich war es nicht, der andere ist schuld", auf diese Weise wird der Studiengebührenball von einem Akteur zum anderen gepaßt. KultusministerI nnen, HochschulRektorenKonferenz, Wissenschaftsrat und Länderparlamente ziehen mit unterschiedlichem Engagement am selben Strang. Und keiner war's gewesen...

Die Argumente für Studiengebühren werden in verschiedener Weise dargelegt, vermischt oder mit den völlig idiotischen Beilagen "zuviele Studenten" und "studieren alle in die Arbeitslosigkeit hinein" angereichert und dem begeisterten Stammtischpublikum dargereicht. Die Bevölkerung - auch Teile der Studierenden - haben die Parolen schon unternommen. Gedankenlos wiederholen sie die Schein-Argumente der Politik.

Man könnte meinen, die Stammtische unserer Republik wären aus den Wirtshäusern herausgewachsen und fänden nun ihre natürliche Fortsetzung in Parlamenten, Bürokratien und Universitäten. Und fast jedeR von uns sitzt in unmittelbarer Nähe...

Erschreckend ist die Penetranz mit der immer wieder gegen die Kostenfreiheit des Studiums vorgegangen wird. So reicht die Angebotspalette von generellen Studiengebühren über solche mit "sozialer Abfederung" bis hin zu Studiengebühren, die ausschließlich jene treffen sollen, die über das Regelstudienzeitziel hinausschießen. Diejenigen. die das Recht auf freie Bildung, die Chancengleichheit aller sozialen Schichten und den emanzipatorischen und demokratiestabilsierenden Charakter der Bildung weiter abbauen möchten, schlachten nicht nur einen wesentlichen Bestandteil unserer Gesellschaft, sondern bedienen sich zudem noch widerlegbarer Argumente.


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bay, 15.3.1999, URL www.michael-bayer.de