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Ermittlungsgrund Bahncard

Beispiel Göttingen: AStA-Räume unbefugt durchsucht

Aus dem AStA-Info 01 vom 17. Oktober 1994

Es war eine kleine Meldung - wenn es überhaupt noch in den Medien vorkam: Die Staatsanwaltschaft hat keine Beweise für ihren Verdacht gefunden, die Göttinger Gruppe Autonome Antifa (M) sei eine kriminelle Vereinigung.

Unter diesem Vorwand waren unter skandalösen, teilweise rechtswidrigen Umständen auch Räume des Göttinger AStAs (Treffpunkt der Gruppe) durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt worden. Inzwischen hat sich herausgestellt, was der konkreteste Anhaltspunkt für den Verdacht war: Im Rucksack der im Juni 1993 in Bad Kleinen verhafteten Birgit Hogefeld lag eine BahnCard, gekauft in Göttingen. Für das niedersächsische Innenministerium konnte das nur eines heißen: Die RAF wird von der Göttinger AntifaschistInnen-Gruppe unterstützt. Außerdem habe Antifa (M) zu einer Demonstration gegen Neonazismus aufgerufen, ohne sie anzumelden.

Das also waren die zwei Gründe dafür, von 17 Mitgliedern der Gruppe und deren Angehörigen Wohnungen und Arbeitsplätze zu durchsuchen, außerdem einem Buchladen, zwei Druckereien und den AStA. Dort hinderten Polizisten eine Reinigungskraft daran, den AStA-Vorstand zu informieren.

Schon mal vor Ort, gaben sie sich mit dem einen, im Durchsuchungsbefehl genannten Raum nicht zufrieden und durchsuchten gleich - widerrechtlich - drei andere Zimmer. Als etwa 80 Leute den Abtransport von Protokollen des StudentInnen-Parlaments, des gesamten Neonazismus-Archives und der Adressenliste einer antifaschistischen Telefonkette verhindern wollten, sorgten Schlagstöcke und Hunde für Platz. Nun die wenig überraschende Nachricht: nichts gefunden.

Was sollte das Ganze? "Ganz offensichtlich dient das Verbreiten dieser Legende dem ausschließlichen Zweck, Mitglieder der Autonomen Antifa (M) zu diskreditieren", vermuten die Mitglieder. In der Tat sorgt sich die Celler Generalstaatsanwaltschaft, die Gruppe könne "bis hin zu den Grünen, zur SPD und zu den Gewerkschaften bündisfähig" werden.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten sagte, PolitikerInnen forderten zu Zivilcourage auf, wenn Menschen bedroht, terrorisiert und zusammengeschlagen würden. Das sei heuchlerisch, wenn Menschen, die beispielhaft gegen Neonazismus auftreten, kriminalisiert werden.


AStA-Öffentlichkeitsreferat der BALU
bay, 17.10.1994, URL www.michael-bayer.de