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Eckwertepapier der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des vorgesehenen bildungspolitischen Spitzengesprächs 1993

E. Kosten und Finanzierung


  1. Die angestrebten Reformen sind notwendig und zügig umzusetzen. Trotz der Reformmaßnahmen entstehen für die gestiegenen Aufgaben in Bildung, Wissenschaft und Forschung Mehraufwendungen, für die Vorsorge zu treffen ist. Nach den Ermittlungen der Wissenschaftsressorts von Bund und Ländern führen die in Teil A. (Hochschule) und C. (Forschung) dargestellten Maßnahmen zu Mehrkosten für laufende Ausgaben in Höhe von ca. 4 Mrd. DM jährlich, im investiven Bereich bis zum Jahr 2000 zu Mehrkosten von ca. 12 Mrd. DM für den Hochschulbau, 490 Mio. DM (nur bis 1997) für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und ca. 5 Mrd. DM für den Studentenwohnraumbau.

    Die Kostenzusammenstellung ist im einzelnen in Anlage 2 dargestellt {Fußnote: Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat als internes Arbeitspapier Kostenerläuterungen zur Kostenzusammenstellung erarbeitet, aus denen sich das Verfahren und Ergebnis der Kostenermittlung ergibt.}; sie dient der Orientierung für die Bewertung der Sachvorschläge und stellt keine Bedarfsrechnung im Sinne von Haushalts- und Finanzplanungen dar.

    Die Kostenzusammenstellung enthält noch keine Angaben zum Teil B. (Berufliche Aus- und Weiterbildung); sie können in Kürze errechnet werden.

  2. [Aus der Sicht der Länder sind diese Mehrkosten, vor allem der Aufwand für den laufenden Betrieb der Hochschulen, von ihnen nicht leistbar. Sie halten ein erheblich stärkeres Engagement des Bundes in der Bildungsfinanzierung für erforderlich. Dies ist gerechtfertigt in Anbetracht der Auseinanderentwicklung von Aufgaben im Bildungsbereich und der Finanzausstattung der Länder einerseits sowie im Hinblick auf den im Zeitraum von 1973 bis 1990 gesunkenen Finanzierungsanteil des Bundes an den Bildungsausgaben andererseits. In dem genannten Zeitraum ist der Finanzierungsanteil des Bundes an den Bildungsausgaben der alten Länder je nach Parameter zwischen 3 bis 4 Mrd. DM gesunken. Die Vertreter der neuen Länder haben den Umfang der Unterfinanzierung im Bildungsbereich ihrer Länder mit 1 bis 2 Mrd. DM beziffert. Nur unter der Voraussetzung einer wieder stärkeren Beteiligung des Bundes an der Bildungsfinanzierung können die Länder in die Lage versetzt werden, die kostenwirksamen Teile der hier vorgesehenen Maßnahmen ganz oder teilweise umzusetzen.

    Zwar stehen die zum Föderalen Konsolidierungsprogramm gefaßten Beschlüsse von Bund und Ländern einer Verbesserung der originären Finanzausstattung der Länder zugunsten der Bildungsfinanzierung entgegen. Die Länder halten es aber für notwendig und gerechtfertigt, daß sich der Bund im Rahmen der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten, in der gemeinsamen Finanzierung von Wissenschaft und Forschung stärker engagiert.

    Hierfür kommen aus Ländersicht

    • eine Veränderung des Finanzierungsschlüssels zugunsten der Länder bei der Ausbildungsförderung {Fußnote: Nach Auffassung einiger Länder käme auch eine Veränderung anderer Schlüssel von 91 b-Finanzierungen in Betracht.},
    • eine Bereitstellung zusätzlicher Bundesmittel für die Einrichtung von Graduiertenkollegs, ggf. Veränderung des Finanzierungsschlüssels zugunsten der Länder,
    • eine Fortschreibung des Hochschulsonderprogramms I und des Erneuerungsprogramms für Hochschule und Forschung in den neuen Ländern bis zum Jahr 2000,
    • eine Unterstützung der Länder bei der Studienstrukturreform und zur Erweiterung des Fächerspektrums der Fachhochschulen durch eine Vereinbarung nach Art. 91 b GG {Fußnote: Vorbehalt von Bayern gegen neue 91 b-Vereinbarung.},
    • eine Erweiterung des Modellversuchsprogramms,
    • eine Fortsetzung des gemeinsamen Programms zur Förderung des studentischen Wohnraumbaus und
    • die Bereitstellung zusätzlicher Projektmittel des Bundes für die Hochschulforschung
    in Betracht.

  3. Der Bund weist darauf hin, daß er seit 1977 seinen Anteil an den Bildungsausgaben im Hochschulbereich -- ebenso wie die Länder -- bis 1991 mehr als verdoppelt hat. Darin kommt u.a. das erhöhte Engagement des Bundes im Hochschulbereich durch mehrere Sonderprogramme zum Ausdruck, die er zur Verbesserung der Lage der Hochschulen angeregt und mit den Ländern durchgesetzt hat.

    Dabei handelt es sich um die Vereinbarungen

    • über ein gemeinsames Hochschulsonderprogramm (I) vom 10.3.1989,
    • über die gemeinsame Förderung von Graduiertenkollegs vom 21.12.1989,
    • zum Studentenwohnraumbau vom 21.12.1989 und 13.8./8.11.1990,
    • über ein gemeinsames Hochschulsonderprogramm (II) in Verbindung mit einer Vereinbarung über die Entlastung der Länder auf dem Gebiet der Forschungsförderung vom 2.10.1990 und
    • über ein gemeinsames Erneuerungsprogramm für Hochschule und Forschung in den neuen Ländern vom 11.7.1991, revidiert am 9.7.1992.
    Die genannten Vereinbarungen umfassen ein Gesamtvolumen an zusätzlich bereitgestellten Bundesmitteln in Höhe von ca. 6 Mrd. DM. Darüber hinaus hat der Bund den gestiegenen Bildungsausgaben der Länder in der Vergangenheit insbesondere durch eine Erhöhung des Länderanteils an der Umsatzsteuer Rechnung getragen.

    Mit dem Föderalen Konsolidierungsprogramm ist eine klare Finanzverteilung zwischen den neuen Ländern, alten Ländern und dem Bund vereinbart. Vor dem Hintergrund der schwierigen ökonomischen und finanzpolitischen Rahmenbedingungen ist die Finanzierung des Hochschul- und Forschungssystems in absehbarer Zeit nicht durch eine weitere Änderung der Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern zu erreichen. Nach Verabschiedung des Föderalen Konsolidierungsprogramms, das für den mittelfristigen Zeitraum eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen darstellt, kommen aus der Sicht des Bundes Abweichungen von den darin enthaltenen Grundannahmen und Vereinbarungen nicht in Betracht. Dies gilt auch für die auf einen Sonderfinanzausgleich hinauslaufenden Forderungen der Länder. Der Bund lehnt deshalb Änderungen geltender Finanzierungsschlüssel bei gemeinschaftlich finanzierten Aufgaben ab.

    Auf dem Hintergrund der insgesamt hohen Belastung der öffentlichen Haushalte und des äußerst knappen Finanzrahmens müssen auch in den Aufgabenbereichen Bildung und Forschung ständig Prioritäten überprüft und neu gesetzt werden. Bund und Länder werden sich bemühen, für die Lehr- und Forschungskapazitäten ein Höchstmaß an Effizienz der Mittelverwendung zu erreichen und ggf. durch Ressourcenverlagerungen finanzielle Handlungsspielräume zu schaffen.

    Der Bund wird prüfen, ob er unter Berücksichtigung der zunehmend schlechter gewordenen wirtschaftlichen Lage und der von ihm übernommenen Lasten zur Finanzierung der deutschen Einheit, der daraus resultierenden erheblichen Einschränkung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit sowie unter Beachtung seiner verfassungsrechtlichen Finanzierungskompetenzen zusätzliche Ressourcen für gemeinsam finanzierte Maßnahmen in den oben genannten Bereichen bereitstellen kann. Er wird sich nur nach Maßgabe seiner Haushaltskraft an zusätzlichen finanziellen Lasten beteiligen können.]


Weiter:
Anlagen | Übersicht
bay, 14.3.1999, URL www.michael-bayer.de