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Vergleich Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Wissenschaftsrat (WR), Bundesministerium für
Bildung und Wissenschaft (BMBW) sowie Länder-Finanz- und KultusministerInnen
1. Hochschulzugang
Eine Beschränkung des Hochschulzugangs wird allgemein abgelehnt,
ebenso wie eine Ausweitung des Nummerus clausus. Stattdessen "sollen
die Hochschulen an der Auswahl ihrer Sudierenden ... stärker
beteiligt werden." (BMBW, 1992, S. 15) "Es ist weder sinnvoll noch
möglich, alle Studiengänge soweit auszubauen, daß jeder Bewerber den
Studienplatz seiner ersten Präferenz erhalten kann. Künftig werden
vermehrt Auswahlentscheidungen unter den Bewerbern notwendig sein."
(W.R., 1992, S. 30).
2. Gewichtung der verschiedenen Hochschulen
Während sich HRK und WR für einen deutlichen Ausbau der Hochschulen,
einen verstärkten Ausbau der FHs, der jedoch nicht zu Lasten der Unis
gehen darf, aussprechen, will Ortleb nur FHs verstärkt ausbauen. Bei
der KMK/FMK läuft es auf den Ausbau der Fachhochschulen auf Kosten
der Unis hinaus: "Umwidmungen von Stellen und Mitteln aus dem
Universitätsbereich in die Fachhochschulen sind im Zuge des weiteren
Fachhochschulausbaus in Betracht zu ziehen. Die Entscheidungen sind
in der Verantwortung der einzelnen Länder zu treffen." (FMK/KMK,
1992, S. 3)
3. Umstrukturierung des Studiums an Universitäten
Das Studium soll in ein berufsqualifizierendes und ein
wissenschaftliches Studium aufgeteilt werden. Dabei gehen alle
Papiere auf die Vorschläge der HRK zurück. - Also Teilung des
Studiums in einen berufsqualifizierenden Teil, das grundständige
Studium. Hier soll die Masse abgefertigt werden, es soll für
durchschnittlich Begabte in der Regelstudienzeit absolvierbar sein.
Nur für die Creme de là creme, die die gut und besonders schnell
studieren, steht dann das Graduiertenkolleg offen, in dem die
Grundsätze der Einheit von Forschung und Lehre noch verwirklicht
werden. Daraus ergibt sich ein Zwei-Klassen-Studium, das der breiten
Masse keinen Zugang zur Wissenschaft mehr bietet.
4. Festschreibung der Studienzeiten
Zur Studiendauer schweigt das Papier der HRK. Der W.R. legt Wert auf
die Studierbarkeit in der Regelstudienzeit von 8 bis 9, in
Ausnahmefällen 10 Semestern und die Einführung von
Zwischenprüfungen. Dagegen sprechen BMBW und KMK/FMK von festgelegten
Rahmeneckdaten, z.B. verbindliche Termine für Zwischen- und
Abschlußprüfungen, bei deren Nichteinhaltung rechtliche Folgen dro
hen. Dabei denkt Ortleb beispielsweise an "eine Regelung, die vor
sieht, daß Studierende, die sich nach vier Semestern aus von ihnen
zu vertretenden Gründen nicht zur Zwischenprüfung und nach weiteren
vier Semestern nicht zur Diplomprüfung gemeldet haben, als geprüft
und zum ersten Mal durchgefallen gelten." (BMBW, 1992, S. 16/17)
KMK/FMK wollen "Studiengebühren bei wesentlicher Überschreitung der
Regelstudienzeit (+2 Semester); bei weiterer Überschreitung der
Regelstudienzeit (+2 weitere Semester) Exmatrikulation mit
Prüfungsanspruch." (KMK/FMK, 1992, S. 5).
Die Möglichkeit des Fächerwechsels und Zweitstudiums soll durch kostendeckende Gebühren
erschwert werden.
Die Kriterien für die Zulassung zum Promotionsstudium sollen die bisherige Studienzeit und
Abschlußleistung sein: "Berücksichtigung der Studienzeit bis zum berufsqualifizierenden
Abschluß bei der Zulassung zum Promotionsstudium bzw. zum Graduiertenkolleg sowie bei der
Gewährung von Promotionsstipendien." (KMK/FMK, Okt. 92)
Zusätzliche Anreize für StromlinienstudentInnen sollen geschaffen
werden: "Leistungsbezogene Verbesserungen der BAFöG-Zahlungen wie
Darlehenserlaß bei erfolgreichem Studienabschluß innerhalb der
Regelstudienzeit. Prämien und Preise für erfolgreiche Studenten; Ein
führung der sogenannten Freischußregelung." (KMK/FMK, 1992. S. 5) Die
Freischußregelung gibt es bereits bei den Rechtswissenschaften.
Nach 6 Semestern kann der/die Studierende sich zur Prüfung melden,
das Nichtbestehen hat keine Folgen, das heißt der normale Anspruch
auf Prüfung und -wiederholung bleibt bestehen.
5. Finanzierung der Universitäten
Im Papier der HRK sind eindeutige Forderungen über die Höhe der
zusätzlichen Finanzierung der Hochschulen festgeschrieben. Sie
orientieren sich am Anteil am BSP, den die Hochschulen 1970 hatten.
Die geldgebenden Stellen wollen die Universitäten nach Leistungen
finanzieren. Leistungskriterien sind z.B. Zahl der StudentInnen in
der Planstudienzeit; Zahl der Examina; Ergebnisse aus externer
Bewertung durch einen "Ausschuß Lehre"; Kriterien des Arbeitsmarktes:
"Die einzelnen Studiengänge sind nicht nur der veränderten Nachfrage
nach Studienplätzen anzupassen, sondern auch unter Berücksichtigung
des Arbeitsmarkts, der Kosten der jeweiligen Studiengänge und der
Studiendauer mit Ressourcen auszustatten." (BMBW, Okt. 92)
6. Verwaltungsstrukturen innerhalb der Hochschulen
Der Wissenschaftrat führt hier vor allem die Stärkung der Position
der Dekane auf. Die HRK verweist auf effizientes Hochschulmanagement,
die Entscheidungskompetenzen der gruppengesteuerten Gremien sollen
- wahrscheinlich zugunsten eines gestärkten Kanzlers/einer gestärkten
Kanzlerin - verringert werden. Damit werden die hierarchischen
Strukturen innerhalb der Universitäten gestärkt, gerade die
Gremien, in denen wenigstens noch Alibi-StudentInnen sitzen werden
geschwächt.
7. Studiengebühren
Zu diesen Thema lassen wir einfach den ehemaligen Präsidenten des
Wissenschaftsrates Dieter Simon (nicht mit dem ehemaligen Marburger Uni-
Präsident zu verwechseln) sprechen: Auf diesen Punkt angesprochen
ließ Simon Skepsis anklingen: "Die Politik hat von den Hochschulen
ein Konzept für Strukturreformen gefordert. Dieses Konzept liegt
hiermit vor. Die Hochschulen müssen jetzt auf die Einlösung der in
den letzten Wochen gegebenen Versprechen drängen, daß es Aufgabe der
Politik sei, die Unterfinanzierung der Hochschulen zu beseitigen. Wir
werden bald sehen, ob die Parlamente bereit sind, die erforderlichen
Mittel bereitzustellen. Wenn nicht, wird das Thema Gebühren rasch
wieder auf der Tagesordnung sein." (Pressemitteilung des
Wissenschaftsrates, Jan. 1993, S. 6)
8. Umsetzung
Die Maßnahmenkataloge sind bei allen Papieren recht allgemein
gehalten, worum es jeweils geht, geht aus den Zusammenfassungen
hervor. Alle Papiere verweisen bei der konkreten Umsetzung darauf,
daß die Universitäten die "Entrümpelung" der Studienfächer selbst
vornehmen sollen. Der entscheidende Teil der Reformen wird dadurch
in den Papieren ausgespart und die Frage, wie das funktionieren
soll, bleibt offen. Mensch kann sich allerdings denken, daß das
Ziel 8 Semester im Vordergrund stehen wird und die Forderungen nach
Interdisziplinarität, Kreativität usw. auf der Strecke bleiben
werden.
Außerdem weisen die Vorschläge in den Papieren nicht darauf hin, daß
damit wirklich eine Studienzeitverkürzung erreicht werden könnte
(abgesehen von den Sanktionsmechanismen, die Langzeitstudierende
einfach rausschmeißen). Die äußere Struktur des Studiums wird ver
ändert, intern wird es entweder zu keinen Veränderungen, sondern zu
Mauscheleien kommen. Der Haupttrend wird die weitere Verschulung
des Studiums sein.
9. Grundsätzliches, Inhalte/Ziele der Bildung
"Kern einer realistischen Reform für das Studium an den Universitäten
muß eine Umorientierung des Studiums auf die Qualifikation der
Absolventen für den Beruf in einer vorgegebenen und vertretbaren
Studienzeit sein." (BMBW, 1992, S. 15)
Damit ist eigentlich gesagt worum es in dieser "Reform" gehen soll.
Bildung wird zur Ausbildung, das Hauptkriterium der Bewertung ist
die Leistung pro Zeit.
Quellennachweis: Arbeitskreis Hochschulpolitik im AStA Uni Marburg
bay, 15.3.1999, URL www.michael-bayer.de